Wer sucht, der findet...

Samstag, 28. November 2015

Kapitel 1; Auftakt


PAN


Stille umfing die schwarze Nacht. Es war so dunkel, dass man kaum seine eigene Hand vor Augen sehen konnte. Solche Momente waren ihm heilig. In den wenigen Minuten bevor es losging, blieb ihm letztendlich Zeit für sich, Zeit zum Nachdenken. Er konnte seinen eigenen Herzschlag hören und spürte die kühle Luft um seine Haut streichen. Vorfreude umfing ihn und fast zu gelassen sah er den kommenden Stunden entgegen. Denn für ihn war es schließlich Routine. Er lächelte sanft.





Er dachte noch einmal an die erste Nacht zurück, spielte die Erinnerung vor seinem geistigen Auge ab. Lebhaft erinnerte er sich an die Angst, die Aufregung und den kalten Schweiß auf seiner Hand. Und natürlich auch den Triumph den er verspürte, als sein Vater ihm nach getaner Arbeit stolz auf die Schulter klopfte. Sein Vater hatte nie viel gesprochen. Sein Lächeln verblasste wieder. Sein erster Raubzug war schon so lange her. Pan war damals viel zu jung gewesen. Und sein Vater, sein Vater ist damals sehr stolz auf ihn gewesen. Dennoch. Etwas anderes störte Pan an dieser Erinnerung. Er war noch zu jung gewesen. Man hatte ihn zu früh zu dem gemacht, was er jetzt war. Und all das nur um einen Weg einzuschlagen, der für ihn nun unumgänglich geworden war. Pan wurde nie gefragt, ob er der meistgesuchte Dieb des Landes werden wollte. Aber es gab ja auch noch Danyel. Danyel, sein bester Freund. Pan drehte seinen Kopf zu Seite und konnte nun die ebenso entspannten Züge Danyels direkt neben sich ausmachen. Es war genau das selbe Gesicht, schließlich waren sie ja Zwillinge. Früher, ganz früher, erinnerte sich Pan, konnte nich einmal ihr Vater die beiden auseinanderhalten.


Plötzlich ertönte ein dumpfer Schlag auf der Motorhaube des LKWs, hinter dem sie Deckung gesucht hatten. Der Schlag zeriss die Stille der Nacht und signalisierte Pan und Danyel, dass sie aus dem Schatten des Wagens kommen konnten, da die Alarmanlage der Villa jetzt deaktiviert war. Pan zog sich eine Maske über das Gesicht, sprang auf und ging mit schnellen Schritten durch die Dunkelheit. Danyel hinter sich wissend, schritt er durch die bereits geöffnete Haustür. Empfangen wurde er von dem Geräusch unterdrückter Stimmen und hastiger Schritte, die ihm den Eindruck der Nervösität seiner Freunde vermittelte. Er konnte sich nicht erklären, weshalb die anderen so nervös wirkten. "Immer mit der Ruhe Leute, das ist eine einfache Routine, wir haben so was schon hundertmal gemacht", beruhigte er die anderen. Doch er selbst spürte auch, dass etwas anders war. Schnell verjagte er seine Zweifel.

Unbeirrt setzte er seinen Weg Richtung Treppenhaus fort. Dort trennten sich ihre Wege, Pan konnte seinen Bruder noch etwas flüstern hören, machte sich aber nicht die Mühe es zu verstehen. Schließlich hatten sie nachher noch genug Zeit. Sie hatten ihr ganzes Leben Zeit, überlegte Pan und setzte seinen Weg fort. Jetzt würden sie sich auf die Operation konzentrieren müssen.

Im ersten Stock angekommen erreichte er auch sogleich das erste leere Schlafzimmer. Der Strahl seiner Taschenlampe erhellte die  Umrisse des weißen Himmelbettes, dass sich vor seinen Augen erstreckte und fast komplett in der Dunkelheit lag. Er schaltete das Licht ein. Ob aus reinem Interesse, oder einem anderen Grund, konnte er später nicht sagen. Pans Pupillen zogen sich zusammen und er musste blinzeln, um sich an das Licht zu gewöhnen. Nach der langen Zeit in Dunkelheit hatte er Probleme mit dem hellen Licht. Er öffnete wieder siene Augen und plötzlich kam er sich vor wie in einem rosa Mädchentraum: Ein pinkfarbener Teppich bedeckte den Boden. Der fast durchgängig in Rosafarben gehaltene Raum, der nur durch die weißen Akzente der Möbel unterbrochen wurde, lies ihn erschaudern. Offensichtlich (Pan betrachtete angewiedert einen pinkfarbenen BH, der unter dem riesigen Bett hervorlugte) handelte es sich bei der Bewohnerin auch noch um ein Mädchen in seinem Alter. Wie konnte man überhaupt in so was leben? Nach kurzem Betrachten seiner Umgebung stellte er fest, dass das rosa Ballkleid das direkt vor seiner Nase hing, ziemlich teuer gewesen sein musste. Ihm wurde schlecht, als er daran dachte, wie abartig reiche Menschen doch sein konnten. Warum mussten sie auch immer mit allem übertreiben? (Rosa? Warum nur so viel rosa?)

Er betrachtete wieder das kitschige Kleid. "Mal sehen", grinste Pan. "Was sich da wohl machen lässt?". Noch breiter wurde sein Grinsen, als er eine Farbpalette mit Acrylfarben zu seiner Linken entdeckte. Hastig und voller Vorfreude streifte er seine Maske, sowie die Handschuhe ab (da er ja noch minderjährig ist, sind seine Fingerabdrücke noch nicht polizeilich registriert, was die Ermittler jedes Mal auf die Palme bringt, er hatte ihnen schon viele Scherereien eingebracht und war bis jetzt einfach unauffindbar gewesen). Nach kurzem Überlegen entschied er sich für ein matschiges Braun, ein Smaragdgrün und eine Ockerfarbe. Schnell befeuchtete er einen Pinsel, drückte jeweils eine haselnussgroße Menge, der ausgewählten Tuben auf die
danebenstehende Leinwand und machte sich an die Arbeit. Präzise fuhr er das Muster der kitschigen Edelsteine auf dem Stoff nach und fügte mehrere unanständige Zeichnungen hinzu, die er an der rosafarbenen Wand fortsetzte. Zufrieden betrachtete er das Gesamtwerk und entschied, dass es jetzt Zeit wurde seinen Auftrag zu erfüllen um die Operation zu beenden und machte sich Richtung zweites Schlafzimmer auf, in dem sich, wie er wusste der Tresor befand.


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